Mozilla sucht Thunderbird-Architekten und neue organisatorische Heimat
Damit Thunderbird in Zukunft auf eigenen Beinen stehen kann und weniger abhängig von Mozilla und Firefox ist, sucht Mozilla per Stellenausschreibung nach einem Software-Architekten, welcher die technische Situation analysiert und Empfehlungen für die technische Weiterentwicklung ausspricht. Außerdem hat man den Open Source-Advokat Simon Phipps beauftragt, mögliche Kandidaten für eine neue organisatorische Heimat für Thunderbird zu finden.
Mozilla sucht Thunderbird-Architekt
Thunderbird und Firefox sind technisch eng verzahnt, was einen nicht geringen Mehraufwand für die Entwicklung sowohl von Firefox als auch von Thunderbird verursacht. Damit sich Thunderbird und Firefox in Zukunft nicht mehr gegenseitig auf den Beinen stehen, sollen beide Projekte voneinander entkoppelt werden, so dass Mozilla noch mehr Konzentration auf Firefox legen kann und die Thunderbird-Community auf die Weiterentwicklung von Thunderbird statt einen Großteil der ohnehin schon geringen Ressourcen dafür aufzuwenden, mit Mozillas Änderungen für Firefox Schritt zu halten, welche sich mehr oder weniger direkt auch auf Thunderbird auswirken. Gerade in Anbetracht großer bevorstehender Änderungen für Firefox (e10s, XUL- und XPCOM-Deprecation, Servo) dürfte es ansonsten immer schwieriger werden.
Wie bereits Ende des vergangenen Jahres angekündigt, erhält die Thunderbird-Community für diese wichtige Phase Unterstützung durch die Mozilla Foundation. Dies nimmt nun konkrete Formen an. So hat Mozilla die Stelle eines Thunderbird-Architekten für eine Dauer von vier Monaten ausgeschrieben. Die Aufgabe wird es sein, die technische Situation zu analysieren sowie zu dokumentieren und schließlich darauf basierend Optionen mit ihren Vor- und Nachteilen aufzuzeigen sowie schließlich eine Empfehlung auszusprechen, wie es technisch mit Thunderbird weitergehen kann.
Neue organisatorische Heimat
Darüber hinaus geht es darum, die beste organisatorische Heimat für Thunderbird zu finden. Zu diesem Zweck wurde Simon Phipps beauftragt, welcher einen zehnseitigen Report mit Vor- und Nachteilen verschiedener Optionen verfasst hat. Dabei finden verschiedene Faktoren Berücksichtigung wie das Hosting, Finanzierung, personelle Fragen und mehr.
Phipps sieht dabei die Software Freedom Conservancy, die Document Foundation sowie die Mozilla Foundation als lukrativste Optionen, wobei er keine Option als eindeutig beste Option sieht. Als weitere Alternativen, die seiner Ansicht nach weniger geeignet sind, werden die GNOME Foundation, Software in the Public Interest sowie die Apache Software Foundation genannt. Langfristig könnte auch die Gründung einer eigenen Thunderbird Foundation interessant sein, Phipps empfiehlt dies aber nicht als nächsten Schritt.
Die in den USA beheimatete Software Freedom Conservancy hat bereits zugesagt, Thunderbird übernehmen zu wollen, und unterstützt die Idee, Thunderbird langfristig in eine eigene, unabhängige Foundation auszugliedern. Die aus Deutschland kommende Document Foundation hat bereits Erfahrungen mit einem großen Projekt, denn diese steht auch hinter LibreOffice. Deutschland ist auch insofern ein interessanter Standort, als dass Thunderbird in Deutschland die meisten Nutzer hat. Und schließlich gibt es noch die naheliegende Option der Mozilla Foundation, denen Thunderbird bereits sehr gut bekannt ist. Diese Option bedeutet nicht die Beibehaltung des Status Quo, sondern die Aushandlung einer vollkommen neuen Vereinbarung. Allerdings hat die Mozilla Foundation derzeit andere Schwerpunkte wie Internet Advocacy und Leadership Development, nicht größere Software-Projekte (Entwicklerin von Firefox ist die Mozilla Corporation, nicht die Mozilla Foundation).
Die Document Foundation könnte Thunderbird zu einem besseren und kompatiblen Outlook-Konkurrenten ausbauen, aber irgendwie erkennt die Document Foundation die Gunst der Stunde nicht. Microsoft freut sich.
Das ist doch auch nicht deren Entscheidung, sondern die des Thunderbird Councils und Mozillas. Dass die Document Foundation ein grundsätzlicher Kandidat ist, steht ja im Artikel.
Wobei, wo auch immer die neue Heimat von Thunderbird sein wird, das schließt nicht automatisch ein, dass Entwickler bezahlt werden. Und das wäre notwendig, um Thunderbird auf ein bestimmtes Ziel hin auszubauen. Aber wenn Entwickler bezahlt werden, würde es vermutlich genügend andere Baustellen geben, die deutlich wichtiger sind. Allen voran die Plattform, auf der Thunderbird basiert und mit der alles steht und fällt. Denn auf lange Sicht kann sich Thunderbird die Plattform nicht mehr mit Firefox teilen, das wird zu schwierig mit all den Änderungen, die für Firefox kommen.