Der aktuelle Stand zur Zukunft von Thunderbird
Vor wenigen Tagen hat Mozilla angekündigt, Thunderbird in Zukunft nicht mehr selber aktiv weiterentwickeln zu wollen. In einem Kommentar zur Zukunft von Thunderbird habe ich meine persönliche Einschätzung zur Situation abgegeben. Mit diesem Artikel möchte ich versuchen, die teilweise immernoch vorhandenen Unklarheiten auszuräumen und von weiteren Details zur Zukunft des „Donnervogels“ berichten.
Wie geht es mit Thunderbird in naher Zukunft weiter?
Viele Missverständnisse zur Situation von Thunderbird sind uneindeutigen oder gar fehlerhaften Artikeln auf diversen IT-Seiten oder Blogs geschuldet, was einige Thunderbird-Nutzer regelrecht in Panik versetzt und dazu führt, dass eine verzweifelte Suche nach Alternativen beginnt.
Bis Mitte November wird sich an der bisherigen Situation aber erst einmal gar nichts ändern. Mozilla wird bis dahin wie geplant Thunderbird 14, Thunderbird 15, Thunderbird 16 sowie Thunderbird 17 mit diversen Neuerungen veröffentlichen. Die gemachte Ankündigung wird vorher keinerlei Auswirkungen auf Mozillas E-Mail-Client haben.
Eine weitere wichtige Sache, die leider häufig untergeht: Mozilla hat diesen Plan als ersten Plan zur Zukunft von Thunderbird zur öffentlichen Diskussion gestellt. Bekannt ist: Mozilla möchte die Entwicklung neuer Features an die Community übertragen. Nicht bekannt sind: Die entscheidenden Details. Mozilla wird erst im September einen finalen Plan veröffentlichen und bis dahin mit Sicherheit das zahlreiche Feedback der Community evaluieren.
Kann die Antwort nun also lauten, in regelrechter Panik zu verfallen und sich nach Alternativen zu Thunderbird umzuschauen? Nicht zu diesem Zeitpunkt aus diesen Gründen. Noch einmal zusammengefasst: Bis November ändert sich überhaupt nichts, im September gibt es erst einen finalen Plan. Es kann nicht zielführend sein, sich jetzt im Juli den Kopf über etwas zu zerbrechen, wo noch einige Dinge unklar sind.
Wie geht es mit Thunderbird langfristig weiter?
Aus diesem Grund sind die Aussagen zur Zukunft von Thunderbird mit Vorsicht zu genießen. Wenn wir hier über die Zukunft sprechen, dann sprechen wir vom derzeit bekannten Stand der Planungen.
Auch vorher bereits fest stand: Mitte November wird Thunderbird 17 erscheinen. Zeitgleich wird es auch eine neue Version 17 der ESR-Variante für Unternehmen geben.
Wie gehabt soll alle sechs Wochen eine neue Version mit Sicherheits- und Stabilitätsaktualisierungen veröffentlicht werden. Mozillas Gecko-Engine wird auch über die nächsten Jahre weiter stabil und sicher bleiben. Was neue Features betrifft, ist die aktuelle Idee, dass sobald es genügend Beiträge aus der Community gibt, welche einen Release rechtfertigen, eine neue Version des regulären Zweiges veröffentlicht wird.
Wie sieht es mit Thunderbird-Updates nach 2013 aus? Mozilla hat bis Mitte 2013 definitiv geplant, Updates zu veröffentlichen. An einem konkreten Plan für die Zeit danach arbeitet Mozilla noch. Ein Ende für dann wurde allerdings nicht angekündigt. Daher heißt es auch hier wieder: Abwarten, was der September bringt.
Stimmt es, dass ab November keine bezahlten Mitarbeiter mehr an Thunderbird mitwirken?
Nein, das stimmt nicht! Mozilla wird weiter bezahlte Mitarbeiter für Thunderbird abstellen (Support, Release Engineering, Qualitätssicherung, etc.). Mozillas Bestrebungen werden reduziert, nicht eingestellt, die Mitarbeiter nur noch teilzeit an Thunderbird arbeiten.
Und ein weiterer wissenswerter Fakt: Bereits jetzt sieht es so aus, dass über die Hälfte der Top10-Kontributoren von Thunderbird keine bezahlten Entwickler von Mozilla sind. Das macht die Pläne von Mozilla immernoch schwerwiegend und spürbar, relativiert das Ganze aber ein wenig.
Welche Features haben wir zu erwarten?
Darüber kann man nur spekulieren. Fakt ist, es werden noch ein paar Dinge bis Thunderbird 17 kommen, wie verbessertes und standardmäßig aktiviertes Instant Messaging, Unterstützung für weitere Cloud-Anbieter und vielleicht auch weitere Anbieter personalisierter E-Mail-Adressen. Ich kann außerdem mit Sicherheit sagen, dass derzeit einige Dinge im Rahmen des Google Summer of Code durch die Community in Entwicklung sind, beispielsweise eine verbesserte GMail-Integration oder App Tabs. Auch am Standard-Theme dürfte sich noch ein bisschen was tun. Und: Thunderbird-Entwickler David Bienvenu möchte wohl noch unbedingt die Maildir-Unterstützung von Thunderbird fertigstellen.
Schließlich wollen wir nicht vergessen, dass auch in der Zeit nach Thunderbird 17 weitere Features durch die Community entwickelt werden können. Der Plan ist es nicht, Thunderbird einzustellen, sondern geeignete Voraussetzungen für die weitere Entwicklung durch die Community zu schaffen, so dass Mozilla sich auf neue Schwerpunkte konzentrieren kann – beispielsweise braucht auch Firefox OS eine Mail-Applikation. 😉
Auf das Feature auf das ich schon seit 5 Jahren warte, werde ich sicher damit trotzdem noch viel länger warten müssen: Outlook-ähnliche zweizeilige Anzeige der Mail-Liste.
Aääähem – da ist ziemlich viel von „Plänen“ die Rede – ich nehme an, du weißt was Brecht mal dazu in der Dreigroschenoper formuliert hat…
Und was der September sicher bringt (außer einem von den „Plänen“): am 22.9. ist Herbstanfang…
Im Ernst: die Kommunikation/Ankündigungen von Mozilla zu T-Bird ist Murks. Wenn ich selber noch garnicht genau weiß, was ich will, dann halte ich besser den Mund. Sonst passiert GEnau das, was jetzt abläuft: Mutmaßungen, Deutungen, Gerüchte.
Es wäre besser gewesen, erst DANN was zu sagen, wenn man zumindest einen konkreten Plan hat – und nicht erst für September einen ankündigt.
Ich will mal hoffen, das es so kommt, wie du es interpretierst, ich wills hoffen…
Wie heißt es so schön: „Nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird“ ! Oder besser: „Essen kühlt schon beim Servieren ab“. 😉
Ich erinnere mich noch an die Veröffentlichung/Äußerung von Mozilla, daß Firefox/Thunderbird nur für Privatanwender konzipiert worden ist und es gar nicht vorgesehen war/ist, daß Unternehmen dies Nutzen sollten!
Das Resultat der daraufhin einsetzenden Diskussion war und ist: Es gibt jetzt speziell Firefox/Thunderbird als esr Versionen, wobei auch diese die Privatanwender Nutzen können.
Das Wort Krise bedeutet im chinesischen zum einen Gefahr und zum zweiten Chance.
Dadurch das Mozilla als freie Community schon sehr früh Ihre Äußerung zum augenblicklichen Vorgehen für Thunderbird veröffentlicht haben, ist dies eine unglaubliche Chance für die Weiterentwicklung und den Fortbestand von Thunderbird. 🙂
Die jetzt einsetzende Diskussion und rege Beteiligung aller/vieler wird/ist für Thunderbird von großem Nutzen.
Denn wie heißt es: „Nur wenn es auf des Messerschneide steht, fällt eine Entscheidung“!
In diesem Sinne kann und darf sich jetzt jeder seine Gedanken machen, dies Mozilla mitteilen und davon ausgehen, daß es berücksichtigt wird.
Schöner Kommentar, @Hubertus!
Für Mozilla ist das Feedback, welches sie erhalten, wichtig. Sie müssen mit der Community sprechen, wenn diese eine so wichtige Rolle für die Zukunft von Thunderbird spielen soll. Mozilla kann nicht im September erst kommen und sagen: Hier Community, da habt ihr Thunderbird, wir sind raus und ihr macht weiter. Die Entwickler-Community und Mozilla müssen gemeinsam erarbeiten, wie die Details aussehen werden.
Und was man auch im Hinterkopf behalten muss: Mozilla wurde zu einer verfrühten Ankündigung gedrängt, indem jemand aus der Mozilla-Community die E-Mail hat durchsickern lassen, obwohl es sich explizit um eine vertrauliche Mitteilung handelte und man noch ein paar Tage warten sollte, bis es die offizielle Ankündigung gibt, weil man noch ein paar Details klären wollte. So hat man Mozilla die Chance genommen, die Ankündigung so vorzubereiten, wie man es vielleicht wollte.
Es gibt nur einen Aspekt, den ich gut finde: Ab TB 17 sollen neue TB-Versionen auf den ESR-Versionen von Gecko basieren. Das ist an sich nicht schlecht, gab es seit dem neuen Entwicklungsmodell TB-Releases, die keine neuen Features hatten, außer einer neuen Gecko-Version. Das machte Erweiterungen teilweise inkompatibel.
Wenn ich das richtig verstanden habe, können neue Features auch weiterhin aufgenommen werden, wenn sie keine neue Gecko-Version notwendig machen. Und wenn neues Gecko notwendig ist, muss man halt etwas bis zum nächsten ESR warten.
Trotzdem soll es keine Angestellten geben, die sich in ihrer bezahlten Zeit um neue Features kümmern sollen (nur Bugfixes). Das ist unter dem Gesichtspunkt unverschämt, dass seit TB 13 Mozilla Deals mit Cloud-Storage-Anbietern abschließt, durch die Mozilla Tantiemen kriegt. Was also abläuft ist, dass sich Unbezahlte um neue Features kümmern sollen, Mozilla aber die Kohle einsackt.