Mozilla strukturiert um, Hubs wird eingestellt
Mozilla steht vor einer Umstrukturierung. Wenige Tage nach der Ernennung einer neuen CEO streicht Mozilla 60 Stellen und kürzt Investitionen in manchen Bereichen, um dafür stärker in andere Bereiche zu investieren. Mozilla Hubs wird eingestellt.
Vor wenigen Tagen hat Mozilla die Ernennung von Laura Chambers als neue CEO der Mozilla Corporation angekündigt. Heute hat Mozilla die Mitarbeiter über eine Umstrukturierung informiert. Demnach werden 60 Stellen gestrichen, was in etwa fünf Prozent der Gesamtbelegschaft entsprechen soll.
So möchte Mozilla in manchen Produktbereichen weniger investieren, um sich stärker auf andere Bereiche zu konzentrieren. Am stärksten davon betroffen ist Mozilla Hubs, was im Laufe des Jahres eingestellt werden soll. Aber auch die Investitionen in die eigene Mastodon-Instanz mozilla.social, das Mozilla VPN, Firefox Relay und den letzte Woche in den USA erst gestarteten Dienst zur Entfernung persönlicher Informationen von Personen-Suchmaschinen sollen laut TechCrunch reduziert werden.
Firefox Mobile wird in einem Statement von Mozilla (via Bloomberg) explizit als Produkt genannt, welches dafür mehr Ressourcen erhalten soll. Auch das Thema Künstliche Intelligenz und KI-Integration in Firefox wird einen noch stärkeren Fokus als bisher einnehmen. Zu diesem Zweck werden die Teams, die an Pocket, Content sowie Künstliche Intelligenz / Maschinellem Lernen arbeiten, mit der Firefox-Organisation zusammengeführt.
Wie sich das Ganze konkret auswirken wird, bleibt abzuwarten. Während sich einige Firefox-Fans darüber freuen werden, dass der Browser als Hauptprodukt einmal mehr einen stärkeren Fokus erhalten soll, klingt dies gleichzeitig nach einem signifikanten Strategiewechsel, der eine Diversifizierung der Einnahmequellen nicht länger priorisiert.
Das vollständige interne Memo (via TechChrunch), übersetzte Fassung:
Zurückfahren der Investitionen in mozilla.social: Mit mozilla.social gingen wir 2023 eine große Wette ein, um eine sicherere, bessere Social-Media-Erfahrung zu schaffen, die auf Mastodon und dem Fediverse basiert. Unser anfänglicher Ansatz basierte auf der Überzeugung, dass Mozilla schnell ein großes Ausmaß erreichen muss, um die Zukunft der sozialen Medien effektiv gestalten zu können. Das war eine edle Idee, aber wir hatten Schwierigkeiten, sie umzusetzen. Wir haben mozilla.social zwar stark mit Ressourcen ausgestattet, um diese ehrgeizige Idee zu verfolgen, aber im Nachhinein betrachtet hätte uns ein bescheidenerer Ansatz ermöglicht, mit wesentlich größerer Agilität an diesem Bereich teilzunehmen. Die Maßnahmen, die wir heute ergreifen, werden diese strategische Korrektur vornehmen, indem wir mit einem viel kleineren Team arbeiten, um am Mastodon-Ökosystem teilzunehmen und kleinere Experimente schneller zu den Menschen zu bringen, die sich für die mozilla.social-Instanz entscheiden.
Schutz, Experimentieren und Identität (PXI): Wir reduzieren die Investitionen in einige unserer eigenständigen Verbraucherprodukte im Bereich Sicherheit und Datenschutz. Wir reduzieren unsere Investitionen in Marktsegmenten, die von Wettbewerbern verdrängt werden und in denen es schwierig ist, ein differenziertes Angebot zu liefern. Konkret planen wir, unsere Investitionen in VPN, Relay und Online Footprint Scrubber zu reduzieren. Wir werden weiterhin in Produkte investieren, die den Kundenbedürfnissen in wachsenden Marktsegmenten entsprechen.
Hubs: Seit Anfang 2023 haben wir eine Verschiebung des Marktes für virtuelle 3D-Welten erlebt. Mit Ausnahme von Spielen, Bildung und einer Handvoll Nischenanwendungen hat sich die Nachfrage von virtuellen 3D-Welten entfernt. Dies wirkt sich auf alle Akteure der Branche aus. Die Benutzer- und Kundenbasis von Hubs ist nicht robust genug, um den weiteren Einsatz von Ressourcen gegen den Gegenwind der ungünstigen Nachfrageverschiebung zu rechtfertigen. Wir werden den Dienst abwickeln und den Kunden einen Plan für einen geordneten Ausstieg mitteilen.
Verkleinerung des Mitarbeiterteams: In Anbetracht des Personalabbaus und des geringeren Budgets für die Mitarbeiterzahl bei MozProd wurden einige Funktionen in der Personalabteilung und anderen Support-Organisationen konsolidiert, damit wir unserem Produktportfolio das richtige Maß an Unterstützung bieten können. Optimierung unserer Organisation, um den Fokus zu schärfen.
Im Jahr 2023 begann die generative KI, die Industrielandschaft schnell zu verändern. Mozilla ergriff die Gelegenheit, vertrauenswürdige KI in Firefox einzubringen, vor allem durch die Übernahme von Fakespot und die darauf folgende Produktintegration. Darüber hinaus ist die Suche nach großartigen Inhalten immer noch ein wichtiger Anwendungsfall für das Internet. Daher werden wir als Teil der heutigen Änderungen Pocket, Content und die KI/ML-Teams, die Inhalte unterstützen, mit der Firefox-Organisation zusammenführen. Weitere Details zu den spezifischen organisatorischen Änderungen werden in Kürze folgen. Innerhalb von MozProd gibt es keine Änderungen bei MDN, Ads oder Fakespot. Auch in den Bereichen Legal/Policy, Finance & Business Operations, Marketing und Strategy & Operations gibt es keine Änderungen.
Mit der Einstellung von Hubs hatte ich in irgendeiner Form schon gerechnet, weil von dieser Marktverschiebung alleine die ganz großen Technologiekonzerne nicht mehr wirklich viel Profitabilität rausquetschen können, wenn man Sony, Meta, Valve und Apple mal rausnimmt. Das beste Beispiel ist da aktuell tatsächlich Microsoft, wo die komplette Technologie für Mixed Reality aus Windows geschmissen wird und man von der ganzen Hardware nur die eigene HoloLens noch ein bisschen länger so halbherzig mit durchfüttern will.
Dass sie jetzt unter Umständen die Diversifizierung der Einnahmequellen depriorisieren, macht aber nachdenklich. Erstens war die große Abhängigkeit von Google immer einer der großen Problempunkte bei Mozilla, zum anderen werden sich die Leute, die unter Umständen immer noch überlegt haben, ob sie sich vielleicht doch noch ein Abo holen sollen, jetzt dreimal darüber nachdenken, ob sich das noch lohnt. Dass die Leute ihr Geld momentan immer noch zusammenhalten und nicht endlos viele Abos oder Anschaffungen tätigen, liegt halt auch immer noch an der aktuellen Wirtschaftslage.
Klar ist das Mozilla und nicht Microsoft, aber solche Zeilen kennen wir auch aus Redmond. Wer die Art und Weise kennt, wann die Kollegen da solche Dreizeiler raushauen und man auch mit etwas Erfahrung zwischen den Zeilen dessen lesen kann, was die Redmonder damit eigentlich sagen wollen, sollte besser direkt das Weite suchen. In der Regel tickt die Uhr bei dem besagten Produkt dann noch vielleicht 18-24 Monate weiter, allerhöchstens. An sowas fühle ich mich auch bei dem Memo von Mozilla erinnert, was sie zu Relay und dergleichen schreiben.
Wie sie KI in Firefox und im Zusammenspiel mit Pocket besser integrieren wollen, darauf bin ich wirklich gespannt. Das wäre eine ähnliche Strategie wie bei Microsoft, wobei ich nicht hoffe, dass sich Mozilla hier von Microsoft 365 inspirieren lässt. Microsoft hat hier das Basisabo für 7,00 oder 10,00 Euro belassen, aber für die KI-Funktionen von Copilot Pro (inkl. der Möglichkeit, das überhaupt in Office nutzen zu können) kostet das 22,00 Euro extra. Darüber macht sich die halbe Microsoft-Community lustig, und über eine Idee – als Beispiel jetzt – für Pocket Premium, da für die KI-Funktionen auch nochmal nen Zwanni nachzuwerfen, würde ich mir auch den Kopf kratzen. Ist halt die Frage, in welcher Form die ganz breite Masse an Ottonormalnutzern, die mit Technik an sich nicht viel am Hut haben, für sich wirklich einen deutlichen Mehrwert in der KI sehen würde.